DAČICE – die Stadt des Würfelzuckers

Die unauffällige Stadt Dačice ist Teil des Südböhmischen Bezirks, liegt aber in Mähren in der Nähe der Landesgrenzen von Böhmen, Mähren und Österreich. Die erste schriftliche Aufzeichnung über sie finden wir schon im Jahre 1183.
Ursprünglich war Dačice eine fürstliche Siedlung an der Kreuzung von Handelsrouten von Znaim nach Südböhmen und von Humpolec nach Österreich, wo bereits in früheren Zeiten Dörfer entstanden. Die alte slawische Siedlung an der Furt über die Thaya entwickelte sich zu einem Marktflecken. Im Jahr 1459 erhielt Wolfgang Krajíř von Krajk, der auf der Burg Landštejn residierte, den Besitz von „Dačice und Bílkův“. Das Adelsgeschlecht der Krajířs stammte aus Kärnten und hielt die Stadt 150 Jahre lang in seinem Besitz.
In Dačice gibt es zwei Schlösser. Die Krajířs ließen zunächst das sogenannte Alte Schloss erbauen, eine Renaissance-Burg mit Zinnen, die 1579 fertiggestellt wurde. Rund um das Schloss entstand ein neues Stadtviertel mit einer Brauerei, und heute beherbergt es einen Teil der Stadtverwaltung.
Das Neue Schloss, ebenfalls im Renaissancestil, wurde von dem italienischen Baumeister Francesco Garof da Bissone für Ulrich Krajíř (+1600) errichtet. Im Jahr 1728 erwarb Heinrich Karl, Graf von Ostein, das Anwesen und ließ das Renaissance-Schloss umbauen und neu ausstatten. Eine bedeutende Adelsfamilie auf dem Dačicer Anwesen war die Familie Dalberg, die 1809 hierher zog. Ihre Mitglieder lebten in Dačice bis 1940, darunter die junge Theresa, deren Porträt hier einst vom jungen Maler František Kupka gemalt wurde. Karl Maximilian gründete einen weitläufigen englischen Park und trug maßgeblich zum wirtschaftlichen Aufschwung der Stadt im 19. Jahrhundert bei.
Die Dalbergs waren fortschrittlich und unterstützten die industrielle Entwicklung, einschließlich der Gründung einer Zuckerfabrik im nahe gelegenen Kostelní Vydří und anschließend der Errichtung einer Zuckerraffinerie in Dačice im Jahr 1833. Diese Innovation machte die Stadt weltberühmt.
Die Erfindung des Würfelzuckers
Im Jahr 1840 kam der Schweizer Jakob Christoph Rad mit seiner großen Familie nach Dačice, um die Leitung der Zuckerraffinerie zu übernehmen. Seine ersten Versuche zur Herstellung von Würfelzucker unternahm er angeblich auf Anregung seiner Frau bereits im Herbst 1841. Am 23. Januar 1843 erhielt er vom Hofrat in Wien ein Privileg für die Produktion.
Das ursprüngliche Gebäude, in dem der Würfelzucker erstmals das Licht der Welt erblickte, wurde längst abgerissen, und an seiner Stelle steht heute das Kulturhaus Beseda. Im Jahr 2003 wurde dort eine Gedenktafel enthüllt – in Anwesenheit einer Ururenkelin von J. K. Rad.
Ein weiteres interessantes Wahrzeichen, das mit dem Würfelzucker verbunden ist, ist ein Denkmal, das 1983 in der Nähe der Pfarrkirche errichtet wurde. Seitdem ist es der meistbesuchte Ort in Dačice. Seit 2012 sind rund um das Denkmal Granitplatten mit Informationen über diese weltberühmte Erfindung in zwölf verschiedenen Sprachen angebracht, darunter Japanisch, Griechisch, Hebräisch, Russisch und Chinesisch.
Der Würfelzucker spielte auch während der tschechischen EU-Ratspräsidentschaft im Jahr 2009 eine Rolle. Das Motiv des Würfelzuckers findet sich an vielen Orten in Dačice und ist mit zahlreichen kulturellen, gesellschaftlichen und sportlichen Veranstaltungen verbunden. Zu den bekanntesten gehört das Musik- und Theaterfestival Dačická kostka, das während der Sommerferien im Schlosshof stattfindet. Besucher können auch in der gemütlichen Dalberg-Kaffeestube im Schloss kulinarische Köstlichkeiten genießen. Wer sich von dort auf den Weg ins Stadtzentrum macht, stößt auf das Café Kostka und begegnet unterwegs mehreren Holzskulpturen, die von dieser weltberühmten Erfindung inspiriert wurden.
Historische Sehenswürdigkeiten und Erholung
Zu den bedeutendsten erhaltenen Renaissance-Denkmälern gehören neben den beiden Schlössern auch das Rathausgebäude und der 52 Meter hohe Aussichtsturm, der neben der imposanten Barockkirche St. Laurentius steht und zusammen mit ihr die weithin sichtbare Stadtdominante bildet. Weitere barocke Sehenswürdigkeiten sind das Franziskanerkloster mit der Kirche St. Antonius von Padua, die Mariensäule vor dem Neuen Schloss und die Friedhofskapelle St. Rochus.
Erholung finden Besucher nicht nur im Schlosspark, sondern auch direkt im Stadtzentrum. Der terrassenförmige Kancnýř-Garten bietet zahlreiche Sitzgelegenheiten im angenehmen Schatten einer Lindenallee sowie Ladestationen für E-Bikes und Mobilgeräte, einen Kinderspielplatz mit großen Würfelsteinen und eine öffentliche Büchertauschhütte mit einer Auswahl an interessanten Büchern.
Zusatzinformation
Berühmte Persönlichkeiten
- Jakob Christoph Rad (1799–1871) – österreichischer Direktor der Zuckerraffinerie in Dačice und Erfinder des Würfelzuckers. Er modernisierte die Produktion erheblich und führte die erste Dampfmaschine im Betrieb ein.
- Vladimír Fuka (1920–1996) – Komponist, Arrangeur, Dirigent und Chorleiter.
- Matěj Mikšíček (1815–1892) – mährischer Nationalaktivist, Journalist und Sammler von Märchen und Legenden.
Unser Tipp
Im Frühjahr 2019 wurde eine Briefmarke mit dem Motiv des Dačicer Würfelzuckers herausgegeben, entworfen von dem Karikaturisten und Zeichner Jiří Slíva. Die Marke ist unter anderem im Tourismusbüro in Dačice erhältlich.
Wissen Sie, dass...
… Im Jahr 1841 schnitt sich die Frau von Jakob Christoph Rad beim Zerschneiden eines Zuckerhuts in die Hand und rief aus: „So kann es nicht weitergehen, Jakob!“ Ihr Mann verstand den Wink und erfand den Würfelzucker.
Wussten Sie, dass Würfelzucker bis heute aus Puderzucker gepresst wird und nicht aus Kristall- oder grobem Zucker?